Für E-Scooter ließ 2019 der damalige Verkehrsminister Andreas Scheuer in der Elektrokleinstfahrzeuge-Verordung (eKFV) einen seltsamen Absatz 5 im Paragrafen 11 ersinnen: „Für das Abstellen von Elektrokleinstfahrzeugen gelten die für Fahrräder geltenden Parkvorschriften entsprechend.“ Seltsam ist das, weil es solche Vorschriften nicht gibt, siehe oben. Aber trotzdem dürfen auch E-Scooter auf Gehwegen abgestellt werden – in der grauen Rechtstheorie natürlich nur so, dass sie nicht stören.

E-Roller & Leihräder: Verkehrswender oder Mobilitätskiller?
Seit 2019 sind E-Scooter in Deutschland zugelassen; seitdem wird der größte Teil von ihnen auf Gehwegen zum Verleih angeboten. Für Fahrräder gibt es solche Angebote schon länger. Sie alle profitieren von einem Regelungsloch: Zum Abstellen auf Gehwegen gibt es keine gesetzlichen Regeln, für Fahrräder nur eine von Gerichten benutzte Hilfskonstruktion, die es gestattet.
Städte sind nicht mehr hilflos
Andere Städte gaben sich gutwillig, aber hilflos wegen der bundesweiten Abstell-Erlaubnis. Doch hilflos sind sie inzwischen nicht mehr: Die Oberverwaltungsgerichte für Nordrhein-Westfalen (AZ 11 A 339/23 vom 26.10.2023) und Bremen (AZ 1 B 146/23 vom 27.10.2023) sind sich einig: Das kommerzielle Anbieten von E-Scootern auf Gehwegen ist eine Sondernutzung, für die es eine Erlaubnis der Stadt braucht. Um das Gleiche festzustellen, änderte Berlin sogar sein Straßengesetz. In anderen Bundesländern gibt es noch keine aktuellen Urteile und Gesetzesänderungen, aber auch Großstädte wie Frankfurt und Leipzig nehmen das Geschäft an eine kürzere Leine.
Fünf Jahre Chaos haben gezeigt, dass nur eines die Geräte wirksam von den Gehwegen fernhält: feste Stationen mit dem Zwang, die Fahrzeuge nur hier abzustellen – ansonsten tickt die Gebührenuhr weiter. Berlin hat sie so auf 2,5 Quadratkilometern in der City weitgehend gebändigt. Das Problem ist nur: Die Fläche ringsum, auf der sie weiter frei herumstehen und -liegen, ist je nach Anbieter etwa 100- bis 200-mal so groß. Und nachdem schon die Befreiung des ersten Gebiets fünf Jahre brauchte, wäre das Problem bei gleicher Langsamkeit erst in etwa 1.000 Jahren theoretisch gelöst.
Zugleich hat sich herausgestellt, dass die E-Scooter für Verkehrswende und bessere Mobilität praktisch nichts bewirken – nur ein Bruchteil der mit ihnen zurückgelegten Wege löst Autofahrten ab. Von denen kommen andererseits viele hinzu: Vor allem Alte und Blinde verzichten aus Stolperangst auf Gänge zu Fuß und lassen sich lieber von Verwandten oder Taxis durch die Städte chauffieren.
Kunden sollten mehr trinken dürfen
E-Scooter sind für mehr Menschen Mobilitätsvernichter als Mobilitätsvermehrer. Das sind sie nicht nur beim Herumstehen und -liegen, sondern auch beim weit ver-breiteten Fahren mit allen denkbaren Regelbrüchen – zu zweit oder dritt, jünger als erlaubt, auf dem Gehweg, auf der Fahrbahn links, oder betrunken. Der Lobbyverband „Plattform Shared Mobility“ hatte drei Jahre lang die Forderung auf seiner Website, die Alkoholgrenze für strafbares E-Scooter-Fahren nicht etwa herab, sondern von 1,1 auf 1,6 Promille hochzusetzen.
Aber es gibt auch Hoffnung. Die Menschen in Paris durften 2023 über Leih-E-Scooter abstimmen. Nur 0,7 Prozent der Wahlberechtigten votierte dafür, sie zu behalten. In Deutschland stellte die Großstadt Gelsenkirchen eine vernünftige Forderung: Um Regelbrechern auf die Spur zu kommen, sollten die Anbieter alle Kunden verifizieren, etwa per Ausweis. Das war den Verleihern zu viel Aufwand. Seit 2024 ist Gelsenkirchen Deutschlands erste von Leih-E-Scootern freie Stadt.
FUSS Folgerungen und Forderungen
1.
Leih-E-Scooter stehen der Verkehrswende mehr im Weg, als sie zu fördern.
2.
Sie sind unsozial, da sie gerade verletzliche ältere und behinderte Menschen täglich verunsichern und gefährden.
3.
Nur feste Verleih-Stationen lösen das das Abstellproblem. Sie sollten auf Kosten der Anbieter oder mit den von ihnen kassierten Gebühren geschaffen werden, nicht auf Kosten der Allgemeinheit.
4.
Die Stationen müssen so gebaut werden, dass sie vom Radweg oder von der Fahrbahn aus direkt anfahrbar sind. Liegen sie auf dem Gehweg oder gar hinter ihm, nimmt das nicht nur ohnehin knappen Gehraum. Sondern es verführt auch dazu, noch mehr illegal auf Gehwegen zu fahren.