Gehen braucht am wenigsten Raum und technische Infrastruktur. Auf einer 80-Zentimeter-Spur können in einer Stunde rund 4.000 Menschen einen Ort passieren. Autofahrbahnen müssen dafür zwölfmal so breit sein. Über die berühmte Shibuya-Kreuzung in Tokio mit etwa 2.000 Quadratmetern Größe wuseln pro Stunde bis zu 40.000 Menschen aneinander vorbei und umeinander herum. Rund 75-mal größer – rund 150.000 Quadratmeter – ist Berlins größten Autobahnknoten am Funkturm. Es hat aber keine größere Personenkapazität als Tokios effiziente Kreuzung zum Gehen.

Langsam? Effizient!
Gehen ist vergleichsweise langsam, und das gilt vielen als ineffizient und zeitfressend. Das mag für lange Wege stimmen – aber auch nur, wenn sie nicht beim Wandern oder Pilgern Körper und Seele effizienter fördern als viele teure Therapien.
Geschäfte und Dienstleister wollen gut erreichbar sein. Wo viele Menschen zu Fuß gehen, müssen sie sich dezentral verteilen. Das wiederum fördert den Fußverkehr – ein positiver Regelkreis.
Gehen bringt Handel und Gastronomie die meisten und oft besten Kunden. Man kann unkompliziert ganze Ketten kurzer Wege knüpfen: vom Arbeitsplatz nacheinander zu drei Läden, einem Kindergarten, einem Spielplatz, einer Eisdiele und zur Wohnung – und alles, ohne sieben Parkplätze zu suchen oder siebenmal das Rad anzuschließen.
Schließlich die emotionale Effizienz: Gehende sind mit ihrer Mobilität besonders zufrieden, vor allem in Städten. Hier sind sie frei von Staus, Parkplatzsuche, vielen Radfahrer-Ängsten, dem Warten auf Bus und Bahn und dem Gedrängel darin. Wer geht, erspart sich Lasten, die schnellerer Verkehr den Menschen aufbürdet.
Gehen braucht kein aufwendiges Gerät, keine Kurse, Fahrscheine oder Führerscheine.
Gehen ist maximal flexibel, bietet oft die größte Auswahl an Routen und Wegen. Oft schaffen Gehende ihre Wege selbst – sogenannte Trampelpfade, auf die besser das Wort Wunschwege passt.
Gehen bietet die meisten Boni: Urbanes und Grünes, Sonnenschein und viele Gesichter. Gesundheit und Erholung für Körper und Seele. Und es ist, aufs Leben gerechnet, sogar besonders zeiteffizient: Die Lebenserwartung kann stärker steigen als die mit Gehen verbrachte Zeit. Und Gehen kann aus kürzerer, aber oft als Verlust empfundener Fahrzeit ein längeres Stück gutes Leben machen.
FUSS Folgerungen und Forderungen
1.
Je enger und voller ein Stadtraum, desto mehr sollte er per Bahn und Rad erschlossen und zu Fuß durchquert werden. Individualfahrzeuge aller Art mit ihrem höheren Platzbedarf beim Fahren und Parken taugen schlechter dazu.
2.
Fußverkehr und breit gestreute, dezentrale Läden, Dienstleister und andere Einrichtungen bedingen und stärken einander. Die „15-Minuten-Stadt“ ist eine, in der Alltagsorte im Umkreis von einem Kilometer um die Wohnung erreicht werden können.
3.
Die sogenannte „Verkehrsleistung“, gemessen in Personenkilometern, drückt kein Leistungsergebnis aus, sondern Aufwand. Die wirkliche Leistung ist das Erreichen von Zielen.
4.
Weite Wege sind nicht wichtiger als kurze, weil sie mehr Aufwand an Zeit, Geld und anderen Ressourcen machen. Ein Flug um die Welt kann spektakulärer Urlaub sein, der Gang zum Laden um die Ecke bewahrt vor dem Hungertod.