Aber hier irren viele Einzelhändler. Datenerhebungen aus Deutschland, Österreich Quelle: Bundesministerium fur Verkehr, Innovation und Technologie Österreich: Fusverkehr in Zahlen. Daten, Fakten und Besonderheiten. Wien 2012, S. 99 und Großbritannien ergeben immer das gleiche Bild: Händler unterschätzen den Anteil der Kundschaft, der zu Fuß kommt. Und sie überschätzen die im Auto.

Gehen belebt das Geschäft
Einkaufen funktioniert ziemlich schlecht durchs Autofenster, auf dem Fahrrad oder im fahrenden Bus. Mindestens die letzten Meter zum Regal und zur Kasse gehen fast alle zu Fuß. Aber viele Händler glauben: nur die letzten Meter; den Weg bis kurz vor die Ladentür würden die meisten mit dem Auto bewältigen. Parkplätze seien rings ums Geschäft wichtiger als gute Gehwege.
Überschätzte Autokundschaft
Denn auch kühl kalkulierenden Kaufleuten passiert der gleiche Fehlschluss wie allen Menschen: Sie schließen von sich auf andere. Viele fahren selbst mit dem Auto zu ihrem Laden – und genau diese Gruppe überschätzte den Anteil der Auto-Kundschaft. In Berlin schätzten sie den Anteil der Kunden, die das ebenfalls tun, auf 22 Prozent. Tatsächlich waren es 7 Prozent. In Wien war das Verhältnis ähnlich: An 28 Prozent Auto-Kundschaft glaubten die Kauffrauen und -männer, zehn Prozent waren es in Wirklichkeit. In Deutschland glaubten befragte Ladeninhaber, ein Großteil ihrer Kundschaft komme aus der Ferne – 87 Prozent hätten längere Wege als einen Kilometer gehabt. Tatsächlich waren es aber nur 49 Prozent; eine knappe Mehrheit kam aus der Nähe.
Aber rollt nicht das große Geld im Wagen an, während zu Fuß nur knickrige Kleinkunden kommen? Auch das widerlegen Zahlen, diesmal vom Baden-Württemberger Verkehrsministerium. Danach geben zu Fuß Gekommene in untersuchten Läden jährlich 730 Euro aus, die im Auto gekommenen nur 480 Euro. Die einfache Erklärung: Wer zu Fuß kommt, kommt öfter; Autokundschaft ist offenbar viel unsteter.
Den Brieftaschen Beine machen
Der Reiz des Fußverkehrs ist aus Händlersicht die hohe „Brieftaschendichte“: Wo gegangen wird, können besonders viele Menschen auf kleinem Raum zusammenkommen. Davon lebten über Jahrzehnte die Betreiber von Einkaufszentren besonders gut, bis der Online-Handel stark wurde. Centermanager wollen, dass die Besucherscharen möglichst lange durch ihre Gänge ziehen – und dabei die Händler seitwärts der Gänge beglücken. Also planten sie ihre Center gehfreundlich mit breiten Wegen, abwechslungsreichen Schaufenstern, ab und zu Querwegen und Bänken. Diese kommerziellen Fußgängerbereiche sind oft professioneller und aufwendiger gestaltet als öffentliche Gehwege unter freiem Himmel. Mehr dazu hier.
FUSS-Folgerungen und Forderungen
1.
Für geschäftlichen Erfolg sind gute Gehwege zum Laden wichtiger als nahe Parkplätze.
2.
Wer lebendige Innenstädte will, muss aufs Gehen setzen.
3.
Gehen fördert die Kauflust: Wer genussvoll, sicher und entspannt zum Laden gekommen ist, kauft mehr als Gestresste.