E-Scooter: Verkehrs- und Sozialminister im Clinch
Showdown im Bundesrat: Die Sozialminister der Länder wollen verhindern, dass Bundesverkehrsminister Schnieder E-Scooter-Fahrern mehr Freiheit gibt und Bußgelder für Regelverstöße senkt. Über diesen Plan des Ministers soll am 19. Dezember der Bundesrat abstimmen. Die Sozialminister fordern vor allem, dass nicht zahlreiche Gehwege und Fußgängerzonen für E-Scooter freigegeben werden, dass sie Fußgänger weiterhin nur mit größerem Abstand überholen dürfen und dass die Gehwege nicht für sie pauschal zum Parken freigegeben werden.
Die Sozialminister greifen damit eine Protestwelle gegen Schnieders Pläne auf. Alle 17 Behindertenbeauftragten von Bund und Ländern hatten sich gegen sie ausgesprochen, ebenso große Sozialverbände wie VdK, Paritätischer Wohlfahrtsverband sowie der Blinden- und Sehbehindertenverband, die BAGSO als Dachorganisation von 120 Seniorenverbänden, der Deutsche Städtetag, die Deutsche Polizeigewerkschaft sowie die Verkehrsverbände Changing Cities, Verkehrsclub Deutschland und wir. Alle befürchten mehr Gefahren und Hindernisse für Fußgänger, vor allem für Ältere, Kinder und Menschen mit Behinderungen.
Schnieder hatte dies alles ignorieren und seinen Plan schon am 21. November durch den Bundesrat bringen wollen, zog dann aber den Antrag im letzten Moment zurück. Zwischen dem 2. und 5.12. berieten die Bundesrats-Ausschüsse für Verkehr, Inneres und Soziales darüber. Innen- und Verkehrsminister traten dabei für teils niedrige Verwarn- und Bußgelder ein, zum Beispiel für die Gefährdung Anderer von 30 auf 15 Euro und für Smartphone-Benutzung während der Fahrt von 100 auf 55 Euro. Begründung: Das seien die Sätze für das Fahrrad, und E-Scooter seien damit vergleichbar.
Kritiker fordern dagegen einheitliche Bußgelder für alle Fahrzeuge mindestens auf dem heutigen Niveau für Kraftfahrzeuge, in vielen Fällen einschließlich E-Scooter. Und sie wollen die Gehwege möglichst von Fahrzeugen freihalten. Es ist offen, ob sich im Bundesrat am 19.12. die Sozialpolitiker zugunsten der Fußgänger durchsetzen oder die Verkehrs- und Innenminister, die E-Scooter-Fahrern das Leben erleichtern wollen.
Statistiken zeigen, dass selbst in E-Scooter-Metropolen wie Berlin mehr als 300-mal so viele Wege zu Fuß gemacht werden wie mit diesen Fahrzeugen. Besonders viel zu Fuß gehen Angehörige verletzlicher Gruppen wie Ältere, Schulkinder und Menschen mit Behinderungen. Auch die Verkehrspolitiker sollten sich jetzt besinnen und den Sicherheitsbedarf der großen Mehrheit nach vorn stellen, nicht den Fahrspaß der kleinen Minderheit auf E-Scootern.
Hier fünf kritische Stellungnahmen von der Polizeigewerkschaft bis zum Blindenverband sowie der Referentenentwurf des Ministeriums.
Hier kommentierte Änderungsanträge der Innen-, Verkehrs- und Sozialausschüsse im Bundesrat.
