Radfahren: Sind Regelbrecher Kleinkinder?
Sind Radfahrer wie Kleinkinder: schwach an eigenem Willen, passiv getrieben durch äußere Umstände? Unser Standpunkt ist das nicht – aber ein radfreundlich gemeintes Forschungsprojekt malt dieses klägliche Bild.
Das Projekt „Rules“ der Universität Freiburg klingt erst einmal gut: Es will Regelverstöße im Radverkehr erklären und sammelt dazu Fälle auf seiner Website. Bei näherem Hinsehen entsteht aber der Eindruck: Das Projekt will vor allem Radfahrer von der Verantwortung für Regelverstöße freisprechen.
Wer wissenschaftlich forscht, will normalerweise herausfinden, wie etwas ist, ob es so ist wie angenommen oder warum es ist, wie es ist. In jedem Fall ist das Ergebnis offen. Ganz anders bei „Rules“. Der dafür verantwortliche Psychologe Rul von Stülpnagel weiß schon vorher, was er zu Regelverstößen auf dem Rad erst noch erforschen will: „Wir möchten zeigen, dass (Hervorhebung von FUSS) viele Verstöße situativ zu betrachten sind und aus Unzumutbarkeit oder fehlender Klarheit im Straßenraum hervorgehen.“
Er weiß also schon, was das Projekt erst noch belegen will: Die Situation ist meist schuld. Als nächstes unterstellt er: fast sämtliche Radler rüpeln. „Regelverstöße (z.B. auf dem Gehweg fahren) werden von nahezu allen Radfahrenden regelmäßig begangen.“ Als drittes weiß er: „Oft gibt es dafür aus Sicht der Radfahrenden gute Gründe.“ Nämlich die schlechten Umstände.
Nur eins merkt er offensichtlich nicht: was für ein trauriges, fieses Bild des Radverkehrs er da malt. Nämlich eins, in dem „nahezu alle Radfahrenden“ gegen Regeln verstoßen. Wir dagegen kennen zum Gück etliche, die das nicht tun. Ihnen gegenüber ist seine Unterstellung grob unverschämt. Er ignoriert alle rücksichtsvoll Fahrenden, um Rücksichtslose weiß zu waschen.
Zudem malt er ein Bild, in dem Radler nichts für ihr Verhalten können: Wenn die Situation schlecht ist, geraten sie irgendwie auf den Gehweg, dafür können sie inichts. Hier sieht er Radfahrer wie kleine, willensschwache, ganz von äußeren Umständen getriebene Kinder – unfähig, regeltreu und rücksichtsvoll mit dem Hirn zu denken und mit der Hand zu lenken.
Wären Radler so, müsste man Radfahren verbieten. Zum Glück sind sie nicht so, sondern entscheiden frei für oder gegen das Gehwegfahren – und wie gesagt: Nicht wenige entscheiden dagegen. Die anderen erklärt Stülpnagel für unmündig.
An dem Forschungsprojekt kann sich jede und jeder mit Online-Meldungen an dem Forschungsprojekt beteiligen. Unser Rat: Leute, klickt auf regelverstoesse.de und teilt mit, ob Ihr erlebte Verstöße als unausweichlich erlebt – oder ob es Radlern möglich gewesen wäre, rücksichtsvoll und regeltreu zu handeln.
26.06.25