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Wo Fußgängerschutz verboten ist

Es könnte und sollte in Deutschland weit mehr Zebrastreifen geben. Ihr dauerhafter Vorrang für Gehende ist jedoch bei Planerinnen und Politikern unbeliebt, deren Priorität auf dem Fahrverkehr liegt. Gleich zwei Vorschriftenwerke hemmen, erschweren und verbieten oft den Bau von Zebrastreifen.

Hindernisse in den R-FGÜ

Die „Richtlinien für die Anlage und Ausstattung von Fußgängerüberwegen“, abgekürzt R-FGÜ (Download) und erlassen vom Bundesverkehrsminister, verbietet gleich in Paragraf 1 und 2 Zebrastreifen in zehn Fällen – zum Beispiel außerhalb von Ortschaften, auf Straßen mit „Grünen Wellen“, an Straßen mit „abknickender Vorfahrt“ und an gemeinsamen Fuß- und Radwegen sowie dort, wo weniger als 200 oder mehr als 750 Autos und Motorräder pro Stunde fahren. Schon bei 300 Autos pro Stunde dürfen sie ausgerechnet dann nicht angelegt werden, wenn hier der Fußverkehr besonders stark ist.
Hierbei wird nur die Gegenwart ohne Zebrastreifen berücksichtigt, nicht die Zukunft mit ihm. Dass vielerorts heute wegen der Gefahr Wenige gehen, aber morgen Viele gehen würden, zählt nicht. Das ist so, als würde eine Brücke über den reißenden Fluss mit dem Argument verweigert: Da schwimmt doch keiner.
Unter und über den Mengenwerten für Fuß- und Radverkehr sind Zebrastreifen in „begründeten Ausnahmefällen“ möglich; diese sind aber nicht näher definiert. In Tempo-30-Zonen seien Zebrastreifen „in der Regel entbehrlich“. Die Richtlinie legt außerdem einen hohen Standard für Schilder, Markierungen und Beleuchtung fest – gut für die Sicherheit, schlecht angesichts der chronisch knappen Stadtkassen.

Hindernisse in den VwV-StVO

Dasselbe Ministerium regelt dasselbe Thema nochmals in den Verwaltungsvorschriften (VwV) zu Paragraf 26 der Straßenverkehrsordnung. Einige Vorschriften doppeln sich mit denen der R-FGÜ. Unfreundlich zu Gehenden ist Absatz 4: „Fußgängerüberwege müssen ausreichend weit voneinander entfernt sein“. „Ausreichend“ meint: Es sollen nicht zu viele Zebrastreifen den Fahrzeugverkehr behindern. In die gleiche Richtung nennt Absatz 7 als Bedingung für ihre Anlage, dass „es die Fahrzeugstärke zulässt“. An Kreuzungen sei auch „zu prüfen, ob es nicht ausreicht, über die Straße mit Vorfahrt nur einen Fußgängerüberweg anzulegen“: Sprich: Wer in der Querrichtung geht, muss womöglich erst eine ungesicherte Fahrbahn überqueren, dann einen Zebrastreifen und dann gegenüber wieder eine Fahrbahn ohne Sicherung.

Erster Fortschritt in der StVO

Einen ersten Fortschritt für mehr Zebrastreifen gibt es seit 2024 mit der Reform der Straßenverkehrsordnung. Nach ihrem Absatz 9 durften Zebrastreifen bis dahin nur angebracht werden, „wo dies auf Grund der besonderen Umstände zwingend erforderlich ist“ und wo „auf Grund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko … erheblich übersteigt“.

FUSS Folgerung und Forderung

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Aus den Vorschriften sollte gestrichen werden, was nur der „Flüssigkeit“ des Fahrverkehrswegen darin steht – etwa das Zebrastreifen-Verbot in „Grünen Wellen“, in der Nähe anderer Zebrastreifen und an Straßen mit abknickender Vorfahrt (die es ohnehin nicht geben sollte, wo Menschen zu Fuß die Vorfahrtsstraße kreuzen). Einziges Kriterium für Einschränkungen bei der Anlage von Zebrastreifen sollte die Sicherheit der Gehenden sein.