Regeln werden oft missachtet
Trotzdem sind sie nicht bei allen beliebt, und das hat seinen Grund: Viel zu oft missachten Fahrer die Regeln. 2022 starben elf Menschen auf Zebrastreifen, 1.515 wurden verletzt. Darum gelten sie als unsicher. Allerdings fragt sich: Wie unsicher wäre der gleiche Ort, wenn es keinen Zebrastreifen gäbe? Dann müssten die Menschen zu Fuß wie an vielen Stellen ihren Weg zwischen Fahrzeugen suchen, die meist Geschwindigkeiten um 50 Stundenkilometer und Vorfahrt haben. Aussagekräftige Vorher-Nachher-Untersuchungen zum Unfallrückgang durch den Bau von Zebrastreifen sind uns nicht bekannt – aber es ist plausibel, dass es diesen Rückgang gibt.
Ein Grund für Sicherheit ist paradoxerweise die Unsicherheit, die alle am Zebrastreifen empfinden: Wird diese Fahrerin anhalten? Wird dieser Fußgänger gehen? Wo das eine oder andere nicht gewiss ist, wächst bei allen die Aufmerksamkeit und agieren die meisten im Zweifel vorsichtig. Um auf sichere Weise das Recht auf Vortritt durchzusetzen, empfehlen wir Gehenden eine klare Körpersprache: zielgerichtet auf den Zebrastreifen zugehen, kurz vor dem Bordstein wenn nötig den Arm ausstrecken. Aber natürlich keine plötzliche Notbremsung provozieren und stets darauf gefasst sein, dass jemand regelwidrig durchfährt!
Neue Regeln: Es darf mehr Zebrastreifen geben – und sie dürfen sicherer werden
Wo und wie Zebrastreifen geschaffen werden dürfen, wird durch die Verwaltungsvorschrift (VwV) zum § 26 der StVO sowie die StVO selbst bestimmt. 2024 wurde die StVO, 2025 die VwV modernisiert. Die drei wichtigsten Fortschritte:
- Zebrastreifen kann es nicht nur an Orten geben, an denen schon heute trotz höher Gefahr viele Menschen die Fahrbahn queren – sondern überall dort, wo für eine solche sichere Querung Bedarf besteht. Gestrichen sind die Sätze “Fußgängerüberwege sollten in der Regel nur angelegt werden, wenn es erforderlich ist, dem Fußgänger Vorrang zu geben, weil er sonst nicht sicher über die Straße kommt. Dies ist jedoch nur dann der Fall, wenn es die Fahrzeugstärke zulässt und es das Fußgängeraufkommen nötig macht.”
- Die bisher rechtsverbindliche Richtlinie zur Anlage von Fußgängerüberwegen (R-FGÜ) ist nur noch eine Empfehlung. Sie verbot bisher, Zebrastreifen an Orten mit relativ wenig oder mit besonders viel Fuß- und Fahrverkehr zu schaffe. Hier sind die lokalen Verkehrsbehörden jetzt frei.
- Vor und an Zebrastreifen über Hauptverkehrsstraßen kann Tempo 30 angeordnet werden.
- Bisher waren Zebrastreifen über Fahrbahnen mit “Grüner Welle” verboten. Jetzt heißt es milder: “Auch eine eingerichtete Grüne Welle kann dagegensprechen, einen Fußgängerüberweg anzulegen.” Aktuelle Bedeutung hat das, weil über Grüne Welle für den Radverkehr diskutiert wird.
Bleibende Schikanen
Nicht alle Schikanen gegen Zebrastreifen sind beseitigt; in den VwV gibt es nach wie vor unnötige Hemmnisse gegen sie. Sie dürfen nicht eingerichtet werden:
- „Fußgängerüberwege müssen ausreichend weit voneinander entfernt sein“. „Ausreichend“ meint: Es sollen nicht zu viele Zebrastreifen den Fahrzeugverkehr behindern. Diese Vorschrift gehört vom Reifen auf die Füße gestellt: “Wo Fahrbahnen gequert werden müssen, sind Fußgängerüberwege ausreichend nah beieinander sein“
- In die gleiche Richtung nennt Absatz 7 als Bedingung für ihre Anlage, dass „es die Fahrzeugstärke zulässt“.
- An Kreuzungen sei „zu prüfen, ob es nicht ausreicht, über die Straße mit Vorfahrt nur einen Fußgängerüberweg anzulegen“: Sprich: Wer in der Querrichtung geht, muss womöglich erst eine ungesicherte Fahrbahn überqueren, dann einen Zebrastreifen und dann gegenüber wieder eine Fahrbahn ohne Sicherung.
- An Kreuzungen mit abknickender Vorfahrt dürfen Zebrastreifen nicht angelegt werden. Dabei ist hier Fußgängerschutz besonders nötig: Das Vorfahrtschild suggeriert den Fahrenden, sie hätten hier Vorfahrt vor allen anderen. Wer zu Fuß ist, rechnet oft nicht mit Fahrenden, die zunächst eine andere Richtung haben und sie erst im Knick plötzlich wechseln. (Niemand zu Fuß muss Vorfahrtschilder studieren.) Wer meint, mit einem Zebrastreifen sei an dem unübersichtlichen Ort nicht genug Sicherheit zu schaffen, darf nicht die Unsicherheit erhalten bleiben, sondern muss dem Problem an die Wurzel gehen – zum Beispiel mit dem Aufheben der abknickenden Vorfahrt oder mit Tempo 30.