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Interessenvertreter von Auto und Fahrrad widersprechen einander beim Thema „Fußgänger-Gefährdung“ mit Leidenschaft. Fahrrad-Lobbyisten verweisen darauf, dass sechsmal mehr Menschen zu Fuß von Kraftfahrzeug- als von Radfahrern verletzt werden. (Quelle: Statistisches Bundesamt, Verkehrsunfälle 2022, S.UJ 5.) Die Entgegnung aus Autosicht: Es werden etwa 18-mal mehr Kilometer mit Kraftfahrzeugen als mit Rädern gefahren. Rein statistisch sei das Rad pro gefahrenen Kilometer dreimal gefährlicher für Gehende als Kraftfahrzeuge.

Wer recht hat, ist schwer zu ermitteln: Die Unfälle Gehender zu 95 Prozent auf das Innere von Städten und Dörfern. Wollte man hier das Risiko ermitteln, müsste man bei Kraftfahrzeugen die vielen Kilometer auf Landstraßen und Autobahnen herausrechnen und beim Rad die relativ wenigen, die hier gefahren werden. Dazu wiederum kennen wir keine fundierten Zahlen. Es bleibt nur ein Schluss: Weder Auto- noch Radlobbyistinnen sollten die Gefährlichkeit des von ihnen favorisierten Fahrzeugs kleinreden, indem sie mit dem Finger auf andere zeigen.

Unfälle mit Autos gehen oft schlimmer aus, da sie viel schneller fahren und mit entsprechender Wucht zustoßen. Daran sterben Menschen, die zu Fuß unterwegs waren, 23-mal öfter als an Kollisionen mit Fahrrädern. Aber die Wahrnehmung ist eine andere: Mit fahrenden Autos ist man im Schnitt in Stadt und Dorf etwa alle zwei Minuten konfrontiert, wenn eine Fahrbahn zu überqueren ist – und auf vielen Plätzen, in Fußgängerzonen außerhalb der Lieferzeit und in Parks fast gar nicht. Fahrräder sind überall dort viel präsenter und wirken daher auf viele Menschen gefährlicher.

Viele unterschätzen, wie stark sie mit dem Auto andere gefährden. Aber auch Radler ignorieren und verharmlosen ihr Risiko für Menschen zu Fuß – oft mit der Begründung ein 15-Kilo-Fahrzeug sei doch völlig harmlos, verglichen mit einem 2.500-Kilo-SUV, der in der Stadt dreimal schneller fährt. „Relativ harmlos“ ist fürs Fahrrad meist korrekt; „völlig harmlos“ stimmt leider nicht: selbst Siebenjährige auf Kinderrädern können tödliche Unfälle verursachen (unter dem Link Unfall Nr.32).