Fußverkehrs-Check Offenburg: Viele gute Ideen – jetzt braucht es Mut zur Umsetzung
Offenburg hat heute einen wichtigen Schritt gemacht. Beim Abschluss-Workshop des Fußverkehrs-Checks wurden nicht nur Probleme benannt, sondern auch konkrete Maßnahmen gesammelt, priorisiert und mit Leben gefüllt. Und das Beeindruckende: Die Menschen waren sich erstaunlich einig, was passieren muss.
Über alle Themenfelder hinweg klebten die blauen Prioritätspunkte dort, wo es wirklich zählt: Sicherere Wege, freie Gehwege, weniger Konflikte, mehr Aufenthaltsqualität.
Doch der Tag hat auch klar gezeigt: Ideen allein retten niemanden über die Straße. Was wir brauchen, ist ein Politik- und Verwaltungsapparat, der konsequent handelt, statt nur gute Absichtserklärungen zu sammeln.
Was die Tafeln eindeutig gesagt haben
Der Workshop war hervorragend vorbereitet: Handlungsfelder A bis F, von Längsverkehr über Querungen, Barrierefreiheit und Schulwege bis zu Kommunikation und Aufenthaltsqualität. Überall dasselbe Bild:

1. Gehwege müssen frei werden
Illegales Gehwegparken, Mülltonnen, Schilder – die Barrieren sind bekannt. Die große Mehrheit setzte ihre Punkte auf Maßnahmen wie:
- A1 Freihalten der Gehwege
- F2 Regelmäßige Kontrollen durch das Ordnungsamt
- A2 Gehwegverbreiterung im Bestand
- A3 Multifunktionsflächen statt Gehwegflächenmissbrauch
Und ganz ehrlich: Das überrascht niemanden. Es ist das, was wir in Offenburg seit Jahren erleben. Viele Wege sind so eng, dass Fußverkehr praktisch nicht vorgesehen ist.

2. Querungen müssen sicherer werden
Zebrastreifen, Gehwegnasen, Stuttgarter Ecken: Die Tafeln waren voll mit Fotos aus Offenburg, wo es hakt.
Die Prioritätspunkte klebten vor allem bei:
- B1 Fußgängerüberwege / FGÜ
- B2 vorgezogene Seitenräume
Also: Sichtbeziehungen verbessern, Wege verkürzen, Querungen ermöglichen, wo Menschen sie brauchen – nicht dort, wo Autos sie erlauben.

3. Schulwege verdienen höchste Aufmerksamkeit
Die Bilder waren eindeutig: Kinder schlängeln sich durch geparkte Autos, queren im toten Winkel, laufen auf schmalen Restwegen.
Die wichtigsten Punkte wanderten zu:
- C1 Schulwegpläne erneuern und markieren
- C2 Temporäre Schulstraßen
- C3 Sicherere Querungen an Schulwegen
Die Botschaft ist klar: Solange Kinder nicht sicher zu Fuß zur Schule können, ist Mobilität in Offenburg nicht sicher.

4. Barrierefreiheit ist keine Kür, sondern Pflicht
Blindenleitstreifen, abgesenkte Bordsteine, Stolperfallen, barrierefreie Bushaltestellen – alles Themen, die seit Jahren auf Umsetzung warten.
Die Prioritätspunkte zeigten: Menschen wollen eine Stadt, in der wirklich alle gehen können.

5. Aufenthaltsqualität – ohne Angst, ohne Lärm, ohne Hetze
Verkehrsberuhigte Bereiche, Sitzecken, Spielstraßen, Tempo 30/20 – hier wurde sichtbar, wie groß das Potenzial einer Stadt ist, die dem Fußverkehr Lebensraum gibt.
Besonders viele Punkte bekamen:
- D1 Verkehrsberuhigte Bereiche / Spielstraßen
- D2 Tempolimits 20/30
Und auch das passt ins Bild: Immer mehr Städte zeigen, wie stark diese Maßnahmen wirken – schnell, unkompliziert, niedrigschwellig.
Und jetzt? Der Vortrag brachte es auf den Punkt
Die Präsentation am Ende des Abends war ehrlich:
- Bereits kleine Maßnahmen erzielen große Effekte.
- Es gibt riesige ungenutzte Potenziale.
- Fußverkehr muss stärker in Planung und Politik berücksichtigt werden.
- Manches ist sofort umsetzbar – anderes erfordert Beschluss und Mut.
Der abschließende Ausblick der Stadt war allerdings ernüchternd realistisch:
- Abschlussbericht erst Frühjahr 2026.
- Dann Prüfung durch Verwaltung und Politik.
- Dann – irgendwann – Umsetzung.
Das ist die Wahrheit: Wenn wir nicht dranbleiben, geht es wieder im Schneckentempo weiter.
Was dieser Abend uns aber wirklich gezeigt hat
Trotz aller Zurückhaltung auf der Bühne war im Raum etwas Greifbares zu spüren:
Es gibt eine gemeinsame Richtung. Und sie führt zu mehr Lebensqualität statt mehr Blech.
Die Priorisierungspunkte waren ein Stimmungsbild, das die Verwaltung eigentlich nicht ignorieren kann:
- Überall wurden Lösungen bevorzugt, die zu Fuß gehen sicherer, einfacher und angenehmer machen.
- Kaum jemand setzte Punkte auf Maßnahmen, die Autoverkehr stärken würden.
- Die Bürger:innen haben gezeigt, dass sie bereit sind für Veränderung – sogar für mutige Schritte.
Was Offenburg jetzt wirklich braucht
- Sofortmaßnahmen: Poller, Markierungen, Gehwegnasen, Kontrollen.
- Konsequente Durchsetzung von Regeln – besonders beim Gehwegparken.
- Ein echtes Fußverkehrskonzept, kein Stückwerk.
- Wirksame Beteiligung, nicht nur Information.
- Politischen Mut, die eigenen Beschlüsse auch durchzusetzen.
- Den klaren Willen, Fußverkehr als gleichberechtigte Mobilität anzuerkennen.
Und am wichtigsten: Beharrlichkeit.
Unser Fazit: Jetzt beginnt der eigentliche Weg
Der Workshop war ein guter Abschluss des offiziellen Prozesses – aber er ist gleichzeitig der Startschuss für etwas Neues.
Denn eines ist klar:
Offenburg kann fußverkehrsfreundlich sein.
Aber nur, wenn wir als Stadtgesellschaft es einfordern.
Als KfUTD werden wir:
- die Ergebnisse dokumentieren,
- die Prioritäten sichtbar machen,
- nachhaken, wo es hängt,
- und weiterhin öffentlich dafür eintreten, dass Offenburg eine Stadt wird, in der man sich sicher und selbstverständlich zu Fuß bewegen kann.
Die Menschen haben heute gezeigt, wohin die Reise gehen soll.
Jetzt braucht es eine Stadt, die den Mut hat, diesen Weg auch zu gehen.
