FUSS e.V. hat zwei Antriebe: einen verkehrspolitisch-ökologischen – weniger Auto mit all seinen schlechten Eigenschaften, mehr Umweltverbund und Selbstbewegung. Da ist das Fahrrad ein wichtiger Teil – sogar das wichtigste Mittel, um Autos zu bremsen, ihren Fahr- und Parkraum zu beschränken.

Gegenseitiger Respekt und ein bisschen Abstand: Friedliche Koexistenz beim Gehen und Fahren

Der zweite Antrieb ist ein sozialer: Gehen ist die wichtigste Mobilitätsform gerade von sonst benachteiligten Gruppen: Kindern und Alten, Menschen mit wenig Geld und mit Behinderungen (mehr dazu hier). Gerade diese Menschen brauchen Sicherheit, ausreichend Raum, ein relativ entspanntes und nicht überforderndes Verkehrs-Milieu. Allen anderen, die gehen, tut das auch gut. Also allen.

Dazu passt das Fahrrad im gleichen Raum nicht – weder fahrend noch beengend abgestellt. Es dringt aber mehr und mehr in diesen Raum ein – meist illegal, mehr und mehr aber auch legal in gebauter oder rechtlich geregelter Form. Ein paar Stichworte für Gemachtes und Gedachtes: erwachsene Kinder-Begleiter, Rad-Grünpfeile, Schnell- und andere Radwege durch Parks, Ideen für holländischen Kreuzungen ohne Fußgängerschutz, die nach wie vor gebauten Radwege auf bisherigem Gehraum. Auch parkende Räder sind immer öfter Verkehrshindernisse.

Klar: In der Gesamtschau ist das Auto viel schlimmer. Sehr viele Einzelne aber erleben das zehnmal am Tag anders: Am schlimmsten ist für sie akut, wer direkt im Weg steht oder wer sie an- oder umzufahren droht. Das mag irrational klingen mit Blick auf die Unfallstatistik. Aber statistisch ist auch enges Überholen von Radfahrer mit Autos viel harmloser als falsches Abbiegen, und doch erheben Radfahrer mit Recht den Anspruch auf Abstand.

Wir sehen Auto-Dominanz auf der Fahrbahn – das ist Folge der autogerechten Stadt. Zugleich sehen wir wachsende Rad-Präsenz und teils schon Dominanz auf dem, was Gehweg sein, bleiben oder wieder werden muss. Das ist Teil oder Vorbote der fahrrad-zentrierten Stadt - und schränkt die Mobilität zu Fuß auf andere Weise ein. Die autogerechte Stadt sehen wir auf dem allmählichen Rückzug, nicht zuletzt dank der Radbewegung. Zugleich sehen wir die radgerechte Stadt auf dem Vormarsch – ein Segen auf der Fahrbahn, ein Fluch in unserem Raum. Hier droht eine neue Umverteilung von Mobilität, und schon wieder zu unseren Lasten.

Die noch vage Aussicht auf eine komplett verkehrsgewendete Stadt tröstet uns nicht. Erstens dauert es bis dahin leider noch, aber Opa will heute unbehelligt zum Bäcker und Enkelin zur Schule. Zweitens wäre es naiv zu glauben, dass sich dann das Rad freiwillig und hinreichend aus unseren Räumen zurückzieht. Warum sollte es?

Aus dem anfangs genannten verkehrspolitisch-ökologischen Motiv befürworten wir alles, was dem Rad bisherigen Auto-Raum gibt. Aus dem sozialen Motiv stellen wir uns jedem in den Weg, der Raum von uns will. Das tun wir gemeinsam mit großen Gruppen und ihren Vertretern; erfolgreich geprobt haben wir es beim Widerstand gegen legales E-Rollern auf Gehwegen. Senioren, Eltern, Menschen mit Behinderungen -  das sind richtig viele. Sie wählen rege und können auch grün-ferne Parteien unter Druck setzen. Wir sollten sie für unser verkehrspolitisch-ökologisches Ziel gewinnen, nicht auf ihren Wegen verschrecken.

Auch darum müssen Gehwege geschont und dürfen nicht angeknabbert werden. Gehweg-Radeln sollte so tabu sein wie das Paffen im Zimmer mit Nichtrauchern. Breite Radwege müssen zu Fuß gut querbar sein; holländische Kreuzungen dürfen Fußgänger nicht an vier Stellen zusätzlich aufhalten und gefährden. An Ampeln sollten nicht Grünpfeile fürs Rad das Rotlicht-Tabu aufweichen. Radschnellwege müssen auf der Fahrbahn entstehen, nicht im Park. Der sollte Ort für Erholung, Entspannung, Spontaneität und Verträumtheit sein, wo Verkehr sich unterordnet oder den er umfährt. Unser Raum sollte einfach unser Raum bleiben.